Bisher 32 Stolpersteine für jüdische und politisch Verfolgte in Rüsselsheim verlegt
Stolpersteine sind in den Bürgersteig eingelassene Pflastersteine, deren Oberfläche ein 10 x 10 cm großes Messingschild ziert. Die Steine erinnern an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der Opfer der Euthanasie, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der politisch Verfolgten des deutschen Faschismus. Alle Gruppen sollen gleichermaßen geehrt werden bis hin zu denen, die schon ab 1933 den Mut zum Widerstand aufbrachten. Vor den jeweiligen letzten frei gewählten Wohnadressen werden die Stolpersteine in den Gehweg eingelassen. Jeder Stolperstein trägt die Aufschrift: „Hier wohnte" gefolgt von Name, Geburtsdatum und dem weiteren Schicksal des jeweiligen Opfers.
Mit seinem dezentralen Monument will Demnig die Ereignisse der Nazizeit in die nachbarschaftliche Nähe holen. Die Opfer wurden aus den Wohnungen im Haus oder in der Nachbarschaft geholt, was keineswegs heimlich oder unauffällig geschehen sein konnte. Gerade die Alltäglichkeit dieser unbegreiflichen Vorgänge regte den Künstler zu diesem ungewöhnlichen Denkmal an.
„Er rückt mit seiner Arbeit das Gedenken in unsere Lebensmitte, setzt Erinnerungsmale direkt vor unsere Türen und nicht verschämt in Parks, wo sie kaum Beachtung finden."
„Auschwitz war der Ziel- und Endpunkt, aber in den Wohnungen und Häusern begann das Unfassbare, das Grauen"', daher sollte auch dort an die Opfer erinnert werden, erklärt Demnig. Die Stolpersteine liegen im Weg. „Stolpern" steht metaphorisch für Innehalten, Irritation und Nachdenken. Über die Stolpersteine lässt es sich kaum mit den Füßen stolpern, da sie sauber in den Gehweg eingelassen werden. „Gunter Demnig lässt erst die Augen stolpern, dann die Gedanken." Passanten bleiben stehen und lesen. Im Lesen der Inschrift sieht der Künstler den Anfang des Erinnerungsprozesses:
„Wenn du den Stein lesen willst, musst du eine kleine Verbeugung machen. Dann verbeugst du dich vor den Opfern."
Informationen
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Die Initiatoren der Rüsselsheimer Stolpersteine erhoffen sich eine ehrliche Auseinadersetzung mit der Geschichte unserer Stadt und ihrer Menschen. Es steht zu wünschen, dass wir die Opfer, von denen wir zum Teil nur noch die Namen kennen, würdigen und ihnen auf diese Weise eine späte Ehrung zuteil werden lassen.
Indem wir projektbegleitend die Biographien von Opfern und Widerständlern erforschen, wollen wir die Achtung vor dem Einzelnen, seine individuellen System-und Alltagserfahrungen würdigen. Lebensgeschichten gewähren aber auch Einblicke in gesellschaftliche Strukturen, Prozesse, Gruppen (Nachbarn, Kollegen, Vorgesetzte, Behörden etc.). Insgesamt könnte über eine solche Erinnerungsarbeit den geschichtlichen Vorgängen das ‚menschliche Maß’ wiedergegeben werden und neue Anreize für die Auseinandersetzung mit Verfolgung und Widerstand im Dritten Reich gesetzt werden. Und nicht zuletzt lassen sich vor diesem Hintergrund aktuelle Fragen der Zivilcourage, des Gehorsams gegenüber Autoritäten, des humanen Umgangs von Behörden mit BürgerInnen, des gesellschaftlichen Engagements formulieren.
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